Praxistipps: Seriöse Umsatzplanung im unsicheren Umfeld

Umsatzplanungen werden zu verschiedenen Anlässen benötigt, von Start-ups  ebenso wie von langjährig etablierten Unternehmen. Alle Beteiligten stehen dabei vor dem Problem „Blick in der Glaskugel“: Planungen sind grundsätzlich unsicher -  je länger der Planungshorizont, desto größer die Unsicherheit.

Potenzielle Disruptionen im Umfeld, etwa Krisen, Konflikte oder finanz- und wirtschaftspolitische Entscheidungen, kann zudem niemand voraussehen. Sie  können auch die beste  Umsatzplanung  ruinieren. Leider zeigen die jüngsten Erfahrungen, dass mit solchen Ereignissen zunehmend zu rechnen ist.

Wie kann man vor diesem Hintergrund seriöse Zahlen liefern? Wir stehen seit vielen Jahren vor dem Problem, insbesondere beim Erstellen und Plausibilisieren von Business Plänen. Die nachfolgenden Grundsätze haben sich dabei bewährt.

1. Planung in Szenarien

Angesichts großer Unsicherheiten ist es selbst für gut geführte, langjährig etablierte Unternehmen schwierig, sich auf bestimmte Umsätze festzulegen. Oft werden deshalb Zielkorridore, also Bandbreiten für die Umsätze ermittelt. Üblicherweise werden dabei Best- und Worst Case-Szenarien abgebildet und ein sogenannter Real Case dazwischen als wahrscheinlichster Zielwert definiert.

Fragen Sie sich, ob auch für Ihre Umsatzplanung eine Szenarioplanung in Frage kommt. Legen Sie dann Ihre Annahmen für die Szenarien fest. Berücksichtigen Sie interne Faktoren, wie etwa Produktverfügbarkeit, Kapazität oder Termintreue, und externe Faktoren, wie etwa Preisentwicklung, Kundenverhalten  und Wettbewerbsaktivitäten. Und last not least:  Halten Sie Ihre Annahmen schriftlich fest, damit Ihre Planung auch später noch nachvollziehbar ist.

2. Detaillierte Herleitung des Umsatzes

Leiten Sie den Umsatz möglichst aus Absatz und Preis ab, planen sich nicht einfach einen pauschalen Umsatzwert. Dies hat zwei Vorteile: Sie können den Absatz aus Ihren tatsächlichen Kapazitäten herleiten und plausibilisieren. Und Sie können Preisveränderungen im Verlauf des Planungszeitraums einarbeiten. Die Absatzeinheit richtet sich nach dem jeweiligen Geschäftsmodell. Üblich sind etwa Stück, Stunde, Produkt, Projekt oder andere geeignete Leistungseinheiten.

3. Strukturierung des Umsatzes

Bauen Sie den Gesamtumsatz strukturiert auf. Je nach Geschäftsmodell und Unternehmensart können Sie zum Beispiel nach Einzelkunden oder Geschäftssegmenten planen.  Als Werkzeug bietet sich ein Matrix-Modell an, das etwa nach Bestands- und Neugeschäft sowie Bestands- und Neukunden oder -märkten differenziert. Projektgeschäft sollte von Kerngeschäft getrennt werden, ebenso wie der Eintritt in neue regionale Märkte. Das hat den Vorteil, dass Sie Sondereffekte isolieren und die jeweilige Umsatzentwicklung fein granuliert nachvollziehen und steuern können. Ein pauschaler Umsatzwert lässt sich deutlich schwerer controllen.

4. Berücksichtigung des Faktors Zeit

Ob bei Start-ups oder langjährig erfahrenen Unternehmen: Der Faktor Zeit spielt immer eine Rolle. So stellt sich bei Start-ups vor allem die Frage, wie schnell das junge Unternehmen erfolgreich in den Markt eintreten wird. Erfahrenen Unternehmen stellt sich die Frage besonders bei der Markteinführung innovativer oder gar disruptiver Produkte und Leistungen. Ein guter Tipp in diesem Zusammenhang:

Berücksichtigen Sie die Länge eines typischen Verkaufszyklus – also die übliche Zeitdauer vom Erstkontakt mit einem potenziellen Kunden bis zur Fakturierung des Umsatzes. Fragen Sie sich, wie viele Erstkontakte mit potenziellen Kunden Sie in welcher Zeit herstellen, wie viele qualitativ hochwertige Sales Leads Sie daraus generieren können. Wieviel Vorlaufzeit wird für die Angebotsprüfung durch den Kunden benötigt? Ist Ihr Produkt sofort einsetzbar oder müssen weitere Vorlaufzeiten, etwa für Tests, Erprobungen, Zulassungen oder andere Vorarbeiten berücksichtigt werden?  Wie lange wird es dauern, bis ein ausreichend großes Interessenten-/Projektportfolio aufgebaut ist?

Etablierte Unternehmen verfügen über einschlägige Erfahrungswerte und können diese in die Umsatzplanung einpreisen. Start-ups werden sich diese Erfahrungen erst erarbeiten müssen. Erste Anhaltspunkte können Erfahrungswerte ähnlicher Geschäftsmodelle liefern.

5. Orientierung an der Umsatzhistorie   

Bestehende Unternehmen können bei ihren Planungen auf mehrjährige Erfahrungswerte zurückgreifen. Dies betrifft unter anderem Wachstumsraten, die man in der Vergangenheit in verschiedenen Marktsituationen  erzielt hat, oder spezifisches Wissen zum Marktverhalten. Hierzu gehören insbesondere saisonale Effekte, wie etwa das berühmt-berüchtigte „Sommerloch“ oder das ebenso bekannte Phänomen des „Weihnachtswunders“, also des besonders starken vierten Quartals. Umsatzplanungen lassen sich auf dieser Basis erheblich verfeinern.   

6. Plausibilisierung der Planung

Spiegeln Sie Ihre Umsatzplanung an realen Daten, etwa Auftragsbestand, Auftragseingang, bestehendem Marktvolumen oder Marktpotenzialen. Als Start-up können Sie sich an Vergleichsdaten orientieren, etwa von ähnlichen Unternehmen oder der Branche. Es lohnt sich wirklich, hier Zeit zu investieren!

Fragen Sie sich, ob Ihre geplanten Wachstumsraten realistisch sind, ob der Markt diese überhaupt hergibt. Welchen Marktanteil würden Sie als Start-up in 3 Jahren erreichen, wenn Ihre Planung zuträfe? Wäre der realistisch? Passen die übrigen Kennzahlen, zum Beispiel Marketing- und Vertriebsaufwand, zu dem geplanten Wachstum? Werden Sie die benötigten Ressourcen bereitstellen können?

7. Controlling und Fortschreiben der Planung

Führen Sie regelmäßige Soll/Ist-Vergleiche durch, analysieren Sie Abweichungen und passen Sie ihre Planung gegebenenfalls an (rollierende Planung). Sie gewinnen dabei wertvolle Erfahrungen für den nächsten Planungszyklus und sind in der Lage, jederzeit einen aktuellen und belastbaren Forecast für die laufende Planungsperiode abzugeben.

Fazit:  Umsatzplanungen werden auch weiterhin mit Unsicherheiten behaftet sein, das lässt sich grundsätzlich nicht verhindern. Sie können die Planungssicherheit aber deutlich erhöhen. Wenn auch die Plausibilisierung stimmige Ergebnisse liefert, spricht vieles dafür, dass Ihre Zahlen wahrscheinlich erreichbar sind. Den tatsächlichen Verlauf controllen Sie am besten mit regelmäßigen Soll/Ist-Vergleichen.